Neue Stadtbücherei Augsburg:
ECHO, 2009/2010
Preisträger in Kunst-am-Bau-Wettbewerb
Realisierung Frühjahr 2010
Idee:
Die Stadtbücherei hat in ihrem Angebot vorwiegend Medien für Sehende; neben 180.000 Büchern stehen 4.800 Hörbücher zur Auswahl. Gleichzeitig ist in der Neuen Stadtbücherei aber auch der Standort der Schwerbehindertenvertretung.
An einer Stelle der Bücherei soll eine Installation für Irritation sorgen: Ein Text in Braille-Schrift, der nur von Blinden gelesen werden kann, vor dem also Sehende quasi „blind” sind.
Ausführung:
Auf einen Teil der Brüstung, die um das Treppenauge führt, wird auf einer Länge von ca. 25 m (von einem Treppenabgang zum gegenüberliegenden) ein Text in erhabener Punktschrift aufgebracht.
Der Text stammt aus dem Buch Im Dunkeln sehen von John M. Hull, C.H.Beck 1992. In ihm beschreibt der Autor, ein Universitätsprofessor aus Birmingham, die Geschichte seiner Erblindung, weniger als die Geschichte eines Verlustes, als die Entstehung einer neuen Wahrnehmungswelt.
Der ausgewählte Textabschnitt aus dem Kapitel „Regen” zeigt die differenzierte Wahrnehmung der Welt über das Gehör am konkreten Beispiel eines Regentages, wobei das Echo der Tropfen die Dinge dreidimensional entstehen läßt. Die Beschreibung des Autors gibt Sehenden einen plastischen Einblick in die Weltwahrnehmung von Blinden.
Für Sehende wird ein Hinweis auf das Buch angebracht, das in der Bibliothek eingesehen / entliehen werden kann, um den Hintergrund der Installation zu erschließen.
Die Installation, weiß auf weißer Brüstung, ist sehr unauffällig, und wird zunächst von vielen Besuchern wohl übersehen. Wer aber darauf stößt, wird neugierig gemacht: er sieht, und sieht doch nicht. Nur durch aktives Interesse wird er sehen können, und eine neue Erfahrung über Wahrnehmung an sich machen.
Blinde hingegen werden in dem Text ein Echo ihrer Welt finden.
Material / Ausführung:
Weißer Kunststoff (PVC) ca. 0,4 mm stark, 105 Streifen, je 60 mm breit,
jeweils 240 mm lang